Indiens und Pakistans Unabhängigkeit

Indiens und Pakistans Unabhängigkeit
Indiens und Pakistans Unabhängigkeit
 
Die im August 1946 ausgebrochenen bürgerkriegsähnlichen Unruhen zwischen Hindus und Moslems in Indien wurden mit der Teilung des Landes in zwei unabhängige Staaten, das mehrheitlich hinduistische Indien und das mehrheitlich muslimische Pakistan, in dem vom britischen Unterhaus am 11. Juni 1947 verabschiedeten »Independence of India Act« beendet: Beide Staaten wurden am 15. August 1947 unabhängig; Indien blieb bis 1950 Dominion, Pakistan bis 1956.
 
Die Verfassung vom 26. Januar 1950 gestaltete die Indische Union als föderative Republik und parlamentarische Demokratie. Abgesehen von einer Unterbrechung 1977-79, als die Janata-Partei mit Morarji Ranchhodji Desai den Regierungschef stellte, blieb die Kongresspartei (INC) die beherrschende Kraft Indiens, 1952 bis zu seinem Tod 1964 unter Premierminister Jawaharlal (»Pandit«) Nehru, 1964-66 unter Shastri (Lal Bahadur), dann bis 1977 und wieder ab 1980 bis zu ihrer Ermordung 1984 unter Indira Gandhi (* 1917, ✝ 1984), Nehrus Tochter. Die Kongresspartei verfolgte eine durch Hinwendung zu Sozialismus und Säkularismus gekennzeichnete Innenpolitik, die nicht ohne Widerstände blieb, sodass im Juni 1975 der Ausnahmezustand verhängt und Grundrechte außer Kraft gesetzt wurden. Diesen Zustand beendete Desais Wahlsieg 1977. Die Wirtschaftspolitik Indira Gandhis war der Industrialisierung und Verbesserung der Versorgungslage verpflichtet. Außenpolitisch wurde Indien zu einem führenden Mitglied in der Bewegung der blockfreien Staaten, obwohl 1971 ein Freundschaftsvertrag mit der Sowjetunion abgeschlossen worden war. 1975 wurde Sikkim, das ehemalige indische Schutzgebiet, 22. Bundesstaat der Union.
 
Grenzstreitigkeiten mit China endeten 1962 mit einer militärischen Niederlage Indiens. Der Konflikt mit Pakistan seit 1947 um Kaschmir war 1949 vorläufig durch eine Teilung des Gebietes beigelegt worden. Zwar verzichteten beide Staaten nach einem weiteren Krieg um Kaschmir 1965 im Vertrag von Taschkent, der 1966 durch sowjetische Vermittlung zustande gekommen war, auf Gewaltanwendung zur Lösung von Konflikten, doch kam es zu erneuten Kämpfen um Kaschmir im Zuge des indisch-pakistanischen Krieges 1971, der mit der Unabhängigkeit Ost-Pakistans als Bangladesch endete.
 
Pakistans Entwicklung nach der Unabhängigkeit war innenpolitisch durch ständige, auch durch die räumliche Trennung der Staatshälften bedingte Unruhen, außenpolitisch zunächst durch enge Partnerschaft mit den USA charakterisiert. Die erste Verfassung von 1956 wurde schon 1958 von Präsident Iskander Mirza außer Kraft gesetzt. Er musste im gleichen Jahr General Mohammed Ayub Khan weichen, der sein System einer »gelenkten Demokratie« aufgrund der Verfassung von 1963 zur Unterdrückung der Opposition nutzte. Deren Forderung nach freien Wahlen führte zu seinem Rücktritt 1969. Sein Nachfolger, General Aga Mohammed Jahja Khan, suchte schließlich die Einheit des Landes durch die Wiederzulassung von Parteien und Wahlen zu wahren, doch nach den ersten freien und direkten Parlamentswahlen zerbrach Pakistan, denn der Ostteil proklamierte unter der von Mujibur Rahman geleiteten Awami-Liga, die einen überwältigenden Wahlsieg errungen hatte, die unabhängige Republik Bangladesch, die sich in den militärischen Auseinandersetzungen mit indischer Unterstützung gegen die pakistanische Zentralregierung behaupten konnte.
 
Zulfikar Ali-Khan Bhutto (1928-79) wurde 1971 Staats- bzw. unter der Verfassung von 1973 Ministerpräsident und errichtete wieder ein ziviles Regierungssystem. 1972 verließ Pakistan das Commonwealth. Nach Unruhen infolge Bhuttos zunehmend autoritärer werdenden Regierungsstils übernahm 1977 das Militär durch einen Putsch die Macht. General Mohammad Ziaul Haq als Oberster Kriegsrechtsadministrator und ab 1978 auch als Präsident vollzog eine deutliche Islamisierung des öffentlichen Lebens in Pakistan und hob erst 1986 Kriegsrecht und Parteienverbot wieder auf. Bhutto wurde 1977 wegen Anstiftung zum Mord angeklagt, zum Tode verurteilt und trotz internationaler Proteste 1979 hingerichtet worden; seine Tochter Benazir Bhutto ging 1988 aus Wahlen als Siegerin hervor, wurde als Regierungschefin aber 1990 unter dem Vorwurf des Amtsmissbrauchs und der Korruption abgesetzt.

Universal-Lexikon. 2012.

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